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Der Stephansdom und sein Zahnwehherrgott - Eine unheimliche Legende aus Wiens berühmtester Kirche

... oder warum drei betrunkene Studenten Zahnschmerzen hatten

 


Startpunkt unserer Rätselrallyes (Fotocredit: ArchäoNOW)
Startpunkt unserer Rätselrallyes (Fotocredit: ArchäoNOW)

Diejenigen von euch, die bereits eine Rätselrallye bei uns gemacht haben, kennen (und lieben) ihn schon: den Zahnwehherrgott

 

Natürlich starten wir unsere Rätseljagden nicht nur hinter dem Stephansdom, weil es dort wesentlich ruhiger ist, sondern auch, weil wir sogleich mit Geschichte starten können! Denn egal ob Regen oder Sonnenschein, die Christusstatue, scheinbar geplagt von fürchterlichen Zahnschmerzen, wacht stoisch über die Hinterseite des Stephansdoms.

 

Aber wieso hat diese Christusfigur angeblich Zahnschmerzen und was haben drei Studenten damit zu tun?

Genau diese Fragen haben wir uns auch gestellt und darum haben wir ein paar Bücher für euch gewälzt.

Ein Zahnwehherrgott? Nein, gleich zwei!

Abgusskopie in der Armenseelennische (Fotocredit: ArchäoNOW)
Abgusskopie in der Armenseelennische (Fotocredit: ArchäoNOW)

Manche unter euch wissen vielleicht, dass der Zahnwehherrgott nicht nur einmal, sondern gleich zweimal im bzw. am Stephansdom in Wien zu finden ist.

 

Ursprünglich wurde die um 1420 gefertigte Statue (Künstler unbekannt) an der äußeren Ostwand des Mittelchores (Armenseelennische) ausgestellt. Doch weil dem Zahnwehherrgott das Wetter und andere äußere Einflüsse zu sehr zugesetzt haben, wurde das Original 1950 abgenommen und bekam 1960 an der westlichen Seite der Nordturmhalle seinen neuen Platz.

 

Die heute an der ursprünglichen Stelle zu bewundernde Abgusskopie befindet sich seit 1953 an seiner Stelle und bleibt uns hoffentlich noch sehr lange erhalten.

Aber wieso eigentlich Zahnwehherrgott?

Eine sagenumwobene Figur ist er, der Zahnwehherrgott, der seinen Namen wohl seinem vor Schmerzen verzerrten Gesichtsausdruck zu verdanken hat. Seine Legende, die wir euch nicht vorenthalten möchten, entstand erst im 19. Jahrhundert und wird den einen oder anderen von euch garantiert zum Schmunzeln bringen.

 

Wie der Zahnwehherrgott also zu seinem Namen kam: 

 

Im alten Wien lebten vor wohl 400 Jahren drei Studenten, Armfried, Dietram und Eberhard. Sie trafen sich regelmäßig in einer Schenke in der Nähe des Stephansdomes. Es wurde dann immer bis tief in die Nacht hinein fröhlich gefeiert und auch nicht zu wenig getrunken.

 

An der Ostseite des Stephansdoms in Wien befand sich seit alter Zeit in einer Nische eine Statue mit dem leidenden dorngekrönten Christus. Eines Abends, schon sehr spät, kamen die drei Studenten sehr lustig und etwas angeheitert am Dom vorbei. Sofort begann Eberhard zu lästern: „Schaut doch unseren Herrgott an, der hat Zahnweh!“ Die anderen beiden lachten ebenfalls und lästerten weiter.

 

Sie lachten und scherzten noch so einige Zeit und zogen weiter, jeder seinem Zuhause zu. Zuerst kam Eberhard in seinem Zimmer in der Blutgasse an, er legte sich umgehend ins Bett, doch konnte er nicht einschlafen. Ihn plagten plötzlich fürchterliche Zahnschmerzen! Unruhig wälzte er sich hin und her. In seiner Verzweiflung rief er nach einem Arzt. Dieser kam erst nach vielen Stunden. „Es tut mir leid, dass Ihr so lange warten musstet, aber ich war eben bei zwei anderen Patienten, die, wie Ihr, unter fürchterlichen Zahnschmerzen leiden. Da die Zähne der beiden aber in Ordnung waren, und wie ich eben bei Euch nichts finden kann, muss es sich um eine neue Krankheit handeln! Eine Art Zahnpest vielleicht, da kann ich leider nicht helfen. Aber vielleicht hilft euch der Herrgott!“

 

Bei diesen Worten erinnerte sich Eberhard an den nächtlichen Nachhauseweg, der ihn und seine Freunde am Dom vorbei geführt hatte. Ihm war plötzlich klar, warum er diese bösen Schmerzen hatte, es war wohl sein loses Mundwerk der Grund für diese Strafe gewesen. Er nahm ein Wolltuch, band es sich um die schmerzende Backe und ging reuevoll zum Stephansdom, um bei Heiland Abbitte zu leisten.

 

Als er bei der Christusstatue an der Domrückseite angelangt war, knieten schon Armfried und Dietram, auch jeder mit dicker Backe, andächtig vor der Statue und taten Buße. So kniete Eberhard nieder und bat weinerlich um Verzeihung und Erlösung von den bösen Schmerzen.

Die drei versprachen reumütig, nie wieder leichtfertig zu spotten oder zu lästern. Schnell wurden ihre bitten und Versprechen erhört und die schrecklichen Zahnschmerzen verschwanden so schnell, wie sie gekommen waren.  

 

Seit diesen Tagen wird diese Christusstatue auch Zahnweh-Herrgott genannt. 

 

 (Text aus: Alt- Wiener Sagen. Geschichten und Legenden der Inneren Stadt. Annemarie und Kurt Kospach. Sutton Verlag 2018. Seite 58-59) 

 

 

Stattet dem Zahnwehherrgott doch auf der Rückseite des Stephandoms einen kurzen Besuch ab und überzeugt euch selbst von seiner sagenhaften Erscheinung. Ihr wollt noch mehr Spuren aus dem alten Wien entdecken? Dann stillt eure Neugierde doch bei unseren wöchentlichen Rallye-Terminen

 

Euer ArchäoNOW-Team

 


Text:

Sarah Ambichl, BSc.

Teil des ArchäoNOW-Teams und studierte Anthropologin und Archäologin


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