· 

Hinrichtungsstätten: Orte voller Grauen und Schrecken in der Geschichte


Flugblätter von Hinrichtungen wurden gesammelt
Flugblätter von Hinrichtungen wurden gesammelt

Wie wir bereits wissen, wurden Todesurteile öffentlich vollstreckt und teilweise wie ein Feiertag abgehalten. Aber: wie bekam die Bevölkerung davon überhaupt mit, dass eine Hinrichtung stattfindet? Für diese Anlässe wurden tatsächlich Flugblätter erstellt, die auf den Straßen verteilt worden sind. Diese waren mit Schlagzeilen, wie zum Beispiel „Rechtmäßiges Todes-Urteil“ und ähnlichen Titeln versehen. Sie wurden am Hinrichtungstag verteilt und zum Teil als Andenken, dort gewesen zu sein, gesammelt. Man könnte es beinahe mit dem Aufheben von Kino- oder Theaterkarten vergleichen – klingt etwas makaber, aber damals etwas Alltägliches.

 

Heutzutage können solche Flugblätter im Wien Museum, in der Nationalbibliothek und in der Wienbibliothek begutachtet werden.

Der Fluch der Gefolterten

Augmented Reality Rekonstruktion des Sterbehauses von Mozart*
Augmented Reality Rekonstruktion des Sterbehauses von Mozart*

Im 1. Bezirk gab es insgesamt etwa 7 Hinrichtungsplätze, jedoch widmen wir uns denen erst im nächsten Artikel. Beginnen wir zuerst mit dem altbekannten „Malefizspitzbubenhaus“ der Henker. Diese Station ist auch Teil unserer Rätselrallye "Die schaurige Stadt".

 

Wie wir in einem Artikel zuvor gelesen haben, befand sich in der heutigen Rauhensteingasse 10 ein Gefängnis, in welchem gefoltert wurde. Diese „Todesgasse“ brachte so manche Opfer im Laufe der Zeit hervor: manche Opfer starben entweder bei der „peinlichen Befragung“ oder wählten den Freitod und stürzten sich z.B. in einen Brunnenschacht der Rauhensteingasse Nr. 4 in den Tod.

 

Man könnte fast meinen, dass dies Rauhensteingasse durch die vielen Tode verflucht ist. Mozart verstarb übrigens im Haus Nr. 8, dessen Todesursache bis heute nicht endgültig geklärt ist und 2011 wurde im Haus Nr. 7 ein Mord verübt. Ganz nebenbei: Die unterirdischen Gefängniszellen sind noch vorhanden und werden heutzutage als Kellerabteile benutzt.

Die zum Tode verurteilten Häftlinge wurden, wenn sie die Folter überlebten und ihren letzten Weg antraten, durch die Liliengasse und am Stephansdom vorbeigeführt, wo noch eine letzte Abbitte geleistet werden konnte. Dabei wurden sie von den Zuschauern mit Allerlei beworfen, z.B. mit faulen Eiern, altem Gemüse und Kot. Den Namen Liliengasse bekam sei erst 1821 und rührte daher, dass das Stift Lilienfeld dort Grundbesitz innehatte. Nachweisbar ist sie schon seit 1397, damals noch namenlos, später als Armesündergassel und ab 1770 als Diebsgassel bekannt, natürlich angelehnt an das Schergenhaus. Der Aberglaube war in den Menschen fest verankert, daher wollte kein Bürger die Gasse freiwillig betreten, denn sonst würde einem furchtbares Unglück widerfahren.

Je nach Todesstrafe ein anderer Ort - die Vorzüge der Himmelsrichtungen

Hinrichtungsstätte Hoher Markt**
Hinrichtungsstätte Hoher Markt**

Je nach Todesstrafe wurde der zu Verurteilende z.B. zum Hohen Markt, zur Gänseweide, zur Spinnerin am Kreuz oder zur Erdbergerlände geführt – um nur einige zu nennen. Auf der sogenannten Gänseweide bzw. Weißgerberlände (3. Bezirk) wurden größtenteils Verbrennungen durchgeführt, am Schwedenplatz (1. Bezirk) wurden die Verurteilten ertränkt und am Hohen Markt (1. Bezirk) wurde vor allem geköpft und gevierteilt.

 

Nach 1683 wurden vor allem Schwerverbrecher zur Abschreckung auf die sogenannten „Galgenbühel“ gebracht, z.B. auf den Rabenstein am Schlickplatz (9. Bezirk) oder zur Spinnerin am Kreuz (10. Bezirk).

Dass manche Hinrichtungsarten in Wien auf mehrere Orte aufgeteilt worden sind, hatte einen Sinn: Wer sich schon jemals unabsichtlich ein Haar mit einem Feuerzeug angesengt hat, weiß, wie bestialisch der Gestank ist! Nun stelle man sich einen ganzen Körper vor… Um dem Gestank zu entgehen, fanden Verbrennungen im Osten statt, da in Wien meist der Westwind weht. Auch die Gerbereien (daher der Name Weißgerberlände) und Abdecker (=Tierhäuter) waren in dieser Gegend. 

Die Gänseweide, 3. Bezirk 

Im heutigen 3. Wiener Gemeindebezirk wurden von 1420 bis ungefähr 1733 in der Weißgerberlände, damals auch Gänseweide genannt, hauptsächlich Hinrichtungen durch Verbrennung vollstreckt. In Wien gab es zwar nur eine einzige Hexenverbrennung, und zwar die im Jahre 1583 verbrannte Elisabeth Plainacher, zu der wir bereits ausführlich in einem Blogbeitrag berichtet haben, aber es fanden auch andere Verurteilte den Flammentod, unter anderem Menschen, die auf jegliche Art und Weise gegen die katholische Religion verstoßen hatten, z.B. durch das Ausüben einer anderen Religion. Schrecklicherweise entwickelte sich das Ganze in eine furchtbare und geplante Judenverfolgung in den Jahren 1420/21, die als Wiener Gesera bekannt ist.

 

Auf Befehl des Herzogs Albrecht V. wurden am 23. Mai 1420 alle Juden im Herzogtum Österreich – auch in anderen österreichischen Städten und Orten, nicht nur in Wien – gefangen genommen und entweder zwangsgetauft oder vertrieben (vor allem die Armen). Die Reichen wurden teilweise gefoltert, um herauszufinden, wo sich weitere Wertgegenstände befinden könnten. Durch den strengen Winter 1420/21 starben viele Gefangene. Um Ostern herum, am 12. März 1421, wurde das Urteil verkündet, in welchem neben dem Verstoß der Religion unter anderem Hostienfrevel angeführt wurde. Daraufhin wurden 233 Juden auf der Gänseweide verbrannt. Eine in den angeblichen Hostienfrevel verwickelten Mesnerin wurde ein Monat später ebenso verbrannt. Der wohl tatsächliche Anlass für die Verfolgung war eine angebliche Zusammenarbeit zwischen Juden und Hussiten, jedoch war eine Kooperation nicht mit einem Todesurteil zu rechtfertigen, daher wurde vermutlich der Vorwurf mit der Hostienschändung aufgegriffen.

Die letzte Pfählung: Bartholomäus***
Die letzte Pfählung: Bartholomäus***

Berühmt ist die Gänseweide auch für die Pfählung des Bartholomäus im Jahr 1501. Er war wegen fünffachen Mordes angeklagt, wurde brutal gefoltert, danach am Hinrichtungsplatz gerädert und schließlich aufgespießt. Jedoch missglückte der erste Versuch, sodass er nochmal aufgespießt werden musste, bis ihm der Pfahl aus dem Halse ragte. Sein Tod trat erst nach Stunden ein. Dies war die letzte Pfählung in Wien.

 

Des Weiteren wurden auf der Weißgerberlände im 17. Jahrhundert Sodomiten zuerst geköpft und anschließend verbrannt.

 

1733 wurde die Todesstrafe durch Verbrennen von Kaiser Karl VI. endgültig abgeschafft. 

Welche Plätze in Wien noch dunkle Geheimnisse verbergen, könnt ihr bei unserer Rätselrallye "Die schaurige Stadt" oder dem jährlichen "Halloween Special" erfahren. Oder wollt ihr die Rekonstruktion des Todeshaus von Mozart bewundern? Dann könnt ihr dies bei unserer "Augmented Reality Tour".


*Fotocredit: Spitzauer, meinbezirk.at, Augmented Reality Tour von ArchäoNOW

**Fotocredit: Historisches Museum der Stadt Wien, Inv. Nr. 31043 | Jacob Hoefnagel (1609) / Claes Jansz Visscher (1640)

***Bildquelle: https://www.veko-online.de/58-archiv/ausgabe-3-13/204-kriminalgeschichte-tod-auf-dem-pfahl.html (Datum: 04.07.19)


Text:

Barbara Siemer

Studentin der "Urgeschichte und Historischen Archäologie"

Text:

Manuela Supan, BA.

Teil des ArchäoNOW-Teams und Studentin der "Urgeschichte und Historischen Archäologie" 

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Gerhard.K (Dienstag, 09 Juli 2019 08:41)

    Da ich sehr Geschichts interessiert bin finde ich diesen Artikel mega interessant. Danke dafür.

  • #2

    p.m. (Freitag, 12 Juli 2019 21:49)

    großartig.....

ArchäoNOW

Spiegelgasse 23/1/6a, 1010 Wien

Bürozeiten: MO-FR 10:00-16:00 Uhr

team@archaeo-now.com

Tel.: (+43) 1 5123805