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Der Schauplatz des Todes: Eine fesselnde Reise in die Geschichte der Hinrichtungsstätten


Hinrichtungsplätze sind stille Zeugen des Todes. Sie waren bei den grausamsten Vollstreckungen dabei, haben jedoch niemals selbst gerichtet und waren mehr oder weniger teilnahmslos – im Gegensatz zum Volk, die den Platz mit Leben füllten. Grotesk in Anbetracht der Tatsache, dass sie gerade einer Todesstrafe beiwohnten – gleich einem Schauspiel. Und genau darum geht heute– um die Schauplätze des Todes!

 

Nachdem wir im letzten Artikel ausführlich über die Gänseweide in Erdberg im 3. Bezirk berichtet haben, beschäftigen wir uns heute mit den Hinrichtungsstätten im 1. Bezirk und 2. Bezirk. Erst im Laufe der Zeit wurden die Hinrichtungen auf die Vorstädte ausgelagert, aber dazu kommen wir im nächsten Artikel!

Die Innere Stadt - ein großer Hinrichtungsplatz

Der 1. Bezirk war beinahe vollgepflastert mit Hinrichtungsstätten! Welch schauriger Gedanke, wo wir doch oft durch die Innenstadt schlendern und uns an der wunderschönen Altstadt erfreuen! Leider wandern wir dabei nicht nur über Tote, sondern auch über die Hinrichtungsplätze. 

Relief beim Hohen Markt*
Relief beim Hohen Markt*

Beginnen wir mit dem Hohen Markt, der im Mittelalter der Hauptplatz Wiens war und den Gerichtssitz innehatte. Ein Gerichtsplatz bzw. -gebäude wurde früher als Schranne bezeichnet.

Ein Relief im Durchgang zur Landskrongasse zeigt den Hohen Markt mit den Zunfthäusern der Leinwandhändler und Schuster sowie der Schranne, leider ist jedoch bis auf die Grundmauern im Eckgebäude des Durchgangs nichts mehr von dem Gerichtsgebäude vorhanden. Auf das Schrannengebäude führte vom Hohen Markt eine Freitreppe empor und im Zuge mehrmaliger Umbauten wurde ein Balkon errichtet, von welchem dann die Urteile verlesen worden sind.

Nach der Urteilsverlesung wurde eine rote Fahne ausgesteckt, danach wurden die Hinrichtungen direkt vor Ort vollstreckt, meistens konnten hier Enthauptungen und Vierteilungen beigewohnt werden.

 

Des Weiteren hing in einem kleinen Schrannenturm die sogenannte „Armesünderglocke“, die zu den Hinrichtungen geläutet wurde. Wusstet ihr eigentlich, um welche Uhrzeit Hinrichtungen stattgefunden haben? Nun, meistens gegen 10 Uhr vormittags! Am Fuße eines zwiebelbehelmten Turmes befand sich eine der ältesten mechanischen Uhren in Wien, auf deren Rückseite die Inschrift „Diese Uhr schlägt keinem Glücklichen“ stand. Sie wurde im Zuge von Renovierungen 1885 abmontiert, das Gehäuse ist jedoch am heutigen Gebäude noch vorhanden. Zusätzlich gab es in der Schranne noch eine Kapelle namens „Zur Todesangst Christi“, damit die Verurteilten noch vor ihrem Tod ihre Sünden ablegen konnten.

Das Gerichtsgebäude wurde im Laufe der Zeit um Gefängniszellen erweitert, die beiden Zunfthäuser mussten im 16. und 17. Jahrhundert dafür herhalten. 1785 ersetzte es nun endgültig das Malefizspitzbubenhaus in der Rauhensteingasse. Das 1839 erbaute Kriminalgerichtsgebäude, heute Landesgerichtsgebäude genannt, ersetzte die Schranne vom Hohen Markt. Im sogenannten „Galgenhof“ des neuen Gerichtsgebäudes „Landesgerichtshof I“ fanden ab 1876 Hinrichtungen hinter verschlossenen Türen statt – ohne die Bevölkerung! Kaiser Franz Joseph hatte zuvor jegliche öffentliche Hinrichtung mit sofortiger Rechtswirksamkeit verboten. Warum und was ihn zu dieser Konsequenz führte, werden wir euch allerdings erst im nächsten Blogartikel erzählen!

Auch eine Blutbannsäule, besser bekannt als der Pranger, stand am Hohen Markt. Drei weitere Pranger standen am Graben, am Neuen Markt und auf der Freyung, die früher als Schottenplatz bezeichnet wurde.

 

Ein weiterer Markt, auf dem Hinrichtungen stattgefunden haben, war der Getreidemarkt, jedoch wurde dieser vorwiegend für militärische Hinrichtungen genutzt. Hier wurden von etwa 1702 bis 1747 Militärpersonen durch Erschießungen exekutiert. Weitere standrechtliche Erschießungen wurden unter anderem im Stadtgrabendurchgeführt, aber auch die Erdberger Lände war ein Hinrichtungsplatz für Militärpersonen. 

Hinrichtung des Bürgermeisters  Konrad Vorlauf**
Hinrichtung des Bürgermeisters Konrad Vorlauf**

Auf dem sogenannten Schweinemarkt, heute Lobkowitzplatz, wurden früher Schweine – daher der Name – lebend verkauft und vor Ort geschlachtet und dann zerlegt. Parallel dazu wurden Menschen geköpft. Daher war dieser Hinrichtungsplatz wohl der grauenhafteste und blutigste von allen... Also war eine Enthauptung auf diesem Platz nochmal strafverschärfend und eine Schande. Die Hinrichtung von Bürgermeister Konrad Vorlauf ist wohl eine der bekanntesten: er wurde, gemeinsam mit seinen Ratskollegen Konrad Ramperstorffer und Hans Rockh, am 11. Juli 1408, also genau heute vor 611 Jahren, zuerst geblendet und dann enthauptet. Diese Hinrichtung war Ergebnis einer politischen Auseinandersetzung, jedoch führte sie unter dem Volk zu großer Bestürzung. 1430 wurden die drei Toten rehabilitiert und im Inneren des Stephandoms bestattet.

Ein weiterer Wiener Bürgermeister, Wolfgang Holzer, wurde ebenso aufgrund von habsburgischem Zwist 1463 auf Befehl Herzog Albrechts VI. durch Vierteilung hingerichtet, seine Mittäter durch Enthauptung mit dem Schwert zum Tode verurteilt. 

 

Eine weitere Hinrichtungsstätte war Am Hof. Im 15. und 16. Jahrhundert wurden hier vorwiegend Vierteilungen und Enthauptungen vollstreckt und am Dr.-Karl-Lueger-Platzfand 1528 eine Verbrennung statt. Balthasar Hubmaier wurde am 10.3.1528 vor dem Stubentor als (Wieder-)Täufer (= Anhänger einer radikalreformatorisch-christlichen Bewegung) verbrannt, seine Frau 3 Tage danach ertränkt. Eine Gedenktafel erinnert an dieses Ereignis.

 

Die im Mittelalter errichtete Schlagbrücke beim Schwedenplatz, in der Nähe der heutigen Schwedenbrücke, diente damals ebenso als Hinrichtungsort. Hier wurden Menschen ertränkt, wobei vorwiegend Frauen in den Fluss gestoßen wurden. Aber auch die Schandstrafen, wie z.B. das bereits in einem vorherigen erwähnte „Bäckerschupfen“ wurde hier durchgeführt. 

Tabor, 2. Bezirk

Auch hier wurden Menschen von den Brücken in den Fluss gestoßen und somit ertränkt. Jedoch gab es hier zwei Hinrichtungsorte: der sogenannte Gaußplatz, welcher genau an der Grenze zwischen den 2. und 20. Bezirk liegt, früher auch Mathildenplatz genannt, war als „Alter Tabor“ als Hinrichtungsplatz bekannt, vorwiegend durch Ertränken auf der Brücke, aber auch durch Pfählungen. Wer sich jetzt fragt: welche Brücke? Nun: Im Spätmittelalter gab es die sogenannte „Lange Brücke“ im Bereich des Gaußplatzes, die jedoch 1683 im Verlauf der Zweiten Türkenbelagerung zerstört worden ist. 1698 wurden unter anderem die große (heute nahe Floridsdorf) und die kleine Taborbrücke (heute Am Tabor bzw. Taborstraße) erbaut. Auch am „Neuen Tabor“, also bei der kleinen Taborbrücke, wurden Menschen ertränkt. Im Laufe der Zeit wurden immer wieder neue Brücken gebaut und alte abgerissen, bis sich das heutige Stadtbild mit den derzeitigen Brücken entwickelt hat.

 

Das waren heute sehr viele Hinrichtungsstätten auf einmal! Daher werden wir uns nächste Woche noch mit den Hinrichtungsstätten in den Vororten und mit dem ältesten Hinrichtungsplatz Wiens beschäftigen – wisst ihr, welchen wir meinen?


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*Bildquelle: http://www.viennatouristguide.at/Gedenktafeln/Stadtgeschichte/1325_schranne_1.htm

**Bildquelle: Moriz Bermann, Geschichte der Wiener Stadt und Vorstädte. Wien o. J.: Wien: Eine Geschichte der Stadt, Johannes Sachslehner, S. 110.


Text:

Manuela Supan, BA.

Teil des ArchäoNOW-Teams und Studentin der "Urgeschichte und Historischen Archäologie" 

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